Freitag, 15. Juli 2011

00 Life is Hell

Bohr, Niels (dän. Physiker 1885-1962):
"Wir sind gleichzeitig Zuschauer und Schauspieler im großen Drama des Seins."

10:03 Uhr


Wir hörten ein Rütteln an der Tür. Alle im Raum zuckten zusammen, nur um sich anschließend so eng wie möglich aneinander zu pressen. Ein Schuss ertönte und im nächsten Moment flog die Tür auf.
Ich traute mich gar nicht hinzusehen. Ich wollte nicht meinen Bruder sehen, wie er dort stand, mit erhobener Waffe. Er hatte Menschen erschossen. Mein Bruder hatte Menschen erschossen.
„Alle aufstehen! Sofort! Ich will eure beschissenen Gesichter sehen!“, schrie er wütend.
Keiner regte sich. Bella sah mit weit geöffneten Augen zu ihm.
„Wenn ihr nicht sofort alle aufsteht, erschieße ich eben jeden von euch!“
Langsam aber sicher begannen alle sich zu erheben. Sie legten alle ihre Hände hinter ihre Köpfe. Die Mädchen weinten und auch einige der sonst so harten Kerle.
Ich bewunderte indes den Mut derer, die zuerst aufgestanden waren. Er hatte eine Waffe und hatte sie bereits benutzt. Obwohl er mein Bruder war, hatte ich eine tierische Angst davor, aufzustehen. Ich versuchte in den letzten Sekunden, bevor ich meinem Körper den Befehl gab, sich aufzurappeln, mir einzureden, dass das nicht mein Bruder war. Jasper war zu Hause. Jasper würde niemals einem Menschen ein Haar krümmen. Jasper war ein ruhiger, ausgeglichener, äußerst intelligenter Mensch. Jasper würde so etwas niemals tun.
„ALLE!“, schrie er aufgebracht.
Bella und ich erhoben uns langsam, ebenfalls die Hände hinter dem Kopf liegend. Ich spürte, wie meine Knie so heftig zitterten, dass ich glaubte, jeden Moment wieder umzufallen. Bella schluchzte und zitterte am ganzen Körper. Hätte ich nicht eine solche Angst gehabt, dass er die Bewegung falsch verstehen und schießen würde, hätte ich sie in den Arm genommen.
Als ich richtig stand, blickte ich nach vorne. Dort stand er. Mein Bruder.
Ich erkannte ihn kaum wieder. Seine Haare waren wild durcheinander, seine Klamotten dreckig und teilweise kaputt. Aber sein Blick war das, was mir am meisten Angst macht und mich am meisten verstörte. Sein Blick war gehetzt und wild und gefährlich. Er sah so aus, als ob er nicht wirklich bei sich war.
Als sein Blick auf einen der Footballspieler fiel, schreckte ich beinahe zurück. Er sah ihn so hasserfüllt an. Tyler, der Footballspieler, sah verängstigt zu der Waffe. In der nächsten Sekunde hörte man einen lauten Knall und Tyler war aus meinem Blickfeld verschwunden.
Ich riss meine Augen auf. Jasper hatte gerade auf Tyler geschossen.
Die Mädchen fingen an zu schreien und Bella sprang mir praktisch an die Arme und klammerte sich an mir fest. Schnell legte ich meine Arme um sie und zog sie an mich.
Jasper war die Bewegung nicht entgangen und richtete seine Augen auf uns. Erst schien er mich nicht zu erkennen und ich fürchtete schon, dass er einfach auf uns schießen würde, aber dann sah er mich für einen Augenblick so an wie sonst, wie mein großer Bruder, wenn er sich Sorgen machte.
"Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht kommen. Verdammt, Edward! Wenn er dich erwischt, bist du tot!", schrie er mich plötzlich an.
Ich sah ihn mit schreckgeweiteten Augen an.
Was war hier los?

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